Mein längster Lauf – der K78 in Davos (+/- 2560 HM)

Mein längster Lauf – der K78 in Davos (+/- 2560 HM)
4. August 2016 RC | Bianca

Mein längster Lauf – der K78 in Davos (+/- 2560 HM)

RUNNING Company Erfolgsgeschichte DavosWeshalb meldet man sich für so einen Lauf an? Ich liebe die Berge und ich liebe das Laufen in den Bergen, auch weil es nicht so anstrengend ist wie im Flachland. Es gibt immer wieder Gehpassagen, die das Laufen unterbrechen. Läufer bei Bergmarathons gehen meist auch lockerer in ein Rennen, machen unterwegs Fotos und genießen ihren Lauf.

Der K78 war eine besondere Herausforderung. Die letzten 36 km der Strecke kannte aus dem Jahr 2012, als ich den K42 in Davos lief. Das war ein Vorteil für mich. Am Tag des Rennens ging ich leicht skeptisch an den Start, obwohl meine Vorbereitung gut lief. Toskana Laufcamp mit Bianca im Frühjahr, drei Halbmarathons in sechs Wochen im Mai und Juni, alle mit ein paar Höhenmetern gespickt. Ende Juni der Aletschgletscher-Halbmarathon und Anfang Juli der Zermatt Marathon. Zwischendurch einige lange Radeinheiten und sehr viel Stabi, Yoga und Faszientraining. Es war die Länge dieses Rennens, die mir dennoch ein mulmiges Gefühl bescherte. Reicht meine Vorbereitung aus?

Der Start in Davos auf 1538 HM ist eine rührende Angelegenheit. Das Feld wird mit einem emotionalen Song auf die Strecke geschickt und dabei bleibt kein Auge trocken. Pünktlich um 7 Uhr ging es los, bei wolkenlosem Himmel mit aufgehender Sonne, die gerade über den Bergspitzen lukte. Zuerst liefen wir eine Schleife durch Davos mit vielen begeisterten Zuschauern an der Strecke, dann bogen wir ab in Richtung Filisur, d.h. talabwärts; Filisur ist der tiefste Punkt der Strecke bei Kilometer 30 (1032 HM). Zuvor passierten wir noch viele Seitentäler, Waldstücke mit immer wieder phantastischen Ausblicken, und alles immer leicht wellig. Ein Highlight war auch das Viadukt bei Wiesen, vor dem ich etwas Angst hatte. Ein Läufer hat mich angesprochen: „Tolle Brücke, oder?!.“ Und ich entgegnete ihm nur: „Ein Horror da rüber zu laufen!“ Er war dann so nett und blieb bei mir, bis wir auf der anderen Seite waren.

Nach dem Viadukt folgte endlich der erste „richtige“ Anstieg (eigentlich sollte es doch bis Filisur bergab gehen?). Das Gehen war eine willkommene Erholung für mich, das Bergablaufen danach nicht mehr. So weit nach unten hätten wir nicht laufen müssen. In Filisur verabschiedeten wir uns von den K30-Läufern, sie waren hier im Ziel.

Nun wurde es etwas einsamer. Die K78-Läufer hatten bis Bergün die Strecke für sich allein, ein endlos langes Tal, aber nur deshalb, weil es heiß wurde und etwas staubig war. Dann wurde es wieder entspannter, wir gingen durch einen schattigen Wald alle Höhenmeter wieder nach Bergün hoch. Auf diesem Aufstieg lernte ich Maria kennen, eine Dänin, die sehr gut deutsch sprach und wir hatten einiges zu bequatschen, bis wir Bergün (1365 HM) erreichten. Auch von dort aus sind wir noch sehr lange zusammen gelaufen und haben uns immer wieder ausgetauscht. In Bergün trafen wir die K42-Läufer, die aber ungefähr im gleichen Tempo wie die K78-Läufer unterwegs waren. Nach Bergün folgte ein langes Gebirgstal, das zuerst moderat anstieg. Am Schluss kam aber ein knackiger Anstieg zur Keschhütte, jetzt wurde es ernst. Ich kann sehr gut steigen und diese Anstiege sind meine Stärke. An der Keschhütte (2632 HM) standen Ärzte und sprachen jeden Läufer an, wie es ihm geh; Ärzte trifft man auf jedem Bergmarathon in der Schweiz an. Oben windete es dann, der Ausblick war aber gigantisch. Nun ging es wieder 100 HM bergab, aber danach auf den Sertigpass (2739 HM), der höchsten Stelle des K78. Wieder erwartete mich ein knackiger Anstieg, bei dem ich meine zweite Dänin kennenlernte, mit der ich mich auf Englisch unterhielt über die schönen Blumen und die schöne Landschaft um uns herum.

Am Sertigpass, bei Kilometer 58 angekommen, spürte ich meine Muskeln und entschied mich für eine Massage, was richtig gut tat; ein kostenloser Service, der mehrmals an der Strecke angeboten wurde. Nun kam der Teil der Strecke, der mir am wenigsten gefällt. Es geht am Anfang sehr steil nach unten mit Passagen, bei denen es besser wäre, Bergschuhe zu tragen anstelle von Turnschuhen; auf 3 km steigt man gute 500 HM ab und das auf zum Teil sehr steinigem Untergrund. Dann ging es weiter das Sertigtal hinab und ich wusste, dass mich in Sertigdörfli meine Marion erwartet, da freute ich mich drauf. Ach, an der Stelle ein großes Lob an meine liebe Tochter, sie hat es geschafft, mich sechs Mal auf der Strecke zu sehen, mit großem Fahrrad- und Bahneinsatz. Auf meinem Weg nach unten ereilte mich auch ein kleines Tief und ich musste meinen Kopf einschalten. Dazu beigetragen haben auch die vielen Helikopter-Einsätze und Stürze auf diesem Streckenabschnitt zwischen Kilometer 60 und 65. Meine Beine wollten nicht mehr so wie ich wollte und Marion begleitete mich ein kleines Stück. Je näher ich dem Tal kam, desto besser ging es mir wieder. Ich sah Gewitterwolken am Horizont und wollte unbedingt trocken ins Ziel kommen. Also wechselte ich zwischen gehen und traben, bis ich unten in Davos ankam. Die Zielgerade und die halbe Stadionrunde war mein Nonplusultra. Ich konnte nach fast 76 km noch laufen. Wer es sich selbst ansehen möchte… es gibt einen Finisherclip auf der Website des Swissalpine Marathon; ich trug die Startnummer 309.

Mein Traum wurde wahr nach 11 Stunden und 24 Minuten als ich das Ziel nach 78 km und 2560 Höhenmetern rauf und wieder runter erreichte. Ich war so richtig glücklich. Ein großes Lob an alle Trainer, die mich ermutigt haben, an alle, die an mich geglaubt haben, an alle die mich für verrückt hielten, an meine Tochter Marion für ihre Unterstützung, an die Organisatoren des Rennens und die Helfer an den Verpflegungsstellen – besser wäre es nicht gegangen. Es ist unglaublich, wie so viele verschiedene Läufe so perfekt unter einen Hut und in ein gemeinsames Event gebracht werden konnten.

Noch eine Kleinigkeit am Schluss: In der Nacht nach meinem Rennen hatte ich das Gefühl, dass meine Beine immer noch weiterlaufen wollten. Start running and never stop!

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