Frankfurt Marathon 2018 – THIS IS MY DAY
Wir alle haben Träume. Große und kleine Träume. Träume, die absurd erscheinen, Träume die realisierbar sind. Träume, von denen wir erzählen und Träume, die wir lieber für uns behalten. Ich hatte über Jahre hinweg sehr vielen Menschen von meinem großen Traum, einmal im Leben beim Boston Marathon zu starten, erzählt. Ich wollte es unbedingt – allerdings nur, wenn ich mich dafür offiziell qualifiziere und nicht etwa mittels eines Marathon-Reiseveranstalters einkaufe.
Im Frühjahr und Frühsommer 2018 kam nach zwei überraschend guten Wettkämpfen trotz bescheidener Vorbereitung dann der Moment, der mich bestärkte, dass ich es mit etwas professioneller Hilfe und guter Vorbereitung schaffen könnte. Ich wollte endlich mal richtig gut vorbereitet – also mit langen Läufen und Tempotraining – ins Rennen gehen.
Und so kam es, dass ich mich Ende Juli der RUNNING Company anschloss und 14 Wochen lang mit ihnen trainierte. Ich stellte fest, dass Trainingspläne nicht jedermanns Sache sind, dass ich Tempotraining auf der Bahn zugleich liebte und hasste und dass Laufen mit Gleichgesinnten und mit Trainer bzw. Trainerin viel mehr Spaß machte, als sich alleine durchzukämpfen! Ich arbeitete an meiner Lauftechnik, an Kraft und Stabilität. Und seit langem machte ich mal wieder regelmäßig Lauf ABC.
Meine Generalproben beim Schweiger Forstlauf und beim München Halbmarathon waren dann aber gründlich in die Hose gegangen! Während ich im September noch guter Dinge und sehr zuversichtlich war, überkamen mich im Oktober plötzlich große Zweifel, ob mein Traum wirklich realisierbar sei.
Gut, dass meine Trainer an mich glaubten! Von André und Bianca bestärkt ging es also Ende Oktober nach Frankfurt. Die Nervosität war dieses Mal noch größer als sonst. Überall hatte ich von meinem großen Ziel, 3:30 Stunden laufen zu wollen, erzählt und mich selbst damit mächtig unter Druck gesetzt. Gut, dass so viele Freunde dabei waren und ich mit meiner Aufregung und zugleich auch großen Vorfreude nicht alleine war.
Als der Startschuss fiel, hatte ich mich zu den 3:30 Pacemakern gesellt und lief mit ihnen gemeinsam los. Es war sehr eng. Die Ellenbogen wurden ausgefahren. Bei jedem Schritt musste ich aufpassen, dass mir niemand in die Quere kam. Das fand ich sehr anstrengend, aber das ist ja typisch für so große Veranstaltungen. Im Bankenviertel in der Innenstadt wurde es noch enger. Ich versuchte mich von den Pacemakern zu lösen und vor ihnen zu laufen, da war es nicht ganz so eng. Doch plötzlich waren sie schon wieder da. Sie waren viel zu schnell. Ich erinnerte mich an die mahnenden Worte meines Trainers: Besser nicht den Pacemakern vertrauen! 4:37er Pace, 4:42er Pace, 4:44er Pace … viel zu schnell! Das kann sich hinten raus böse rächen! Ich beschloss lieber mein eigenes Rennen zu machen.
Und immer wieder die guten Ratschläge und Tipps von André und Bianca im Kopf: Ruhe bewahren, kräftige Armbewegung, Läuferdreieck, Füße hoch, Rumpf stabil halten, …!
Marathon in 5er Pace bzw. knapp drunter kam mir unglaublich schnell vor, aber es lief gut. Ich konnte das Tempo problemlos halten und hatte mir bei Kilometer 30 sogar einen zwei-minütigen Puffer erlaufen, welchen ich später auch noch brauchte.
Ich lief vorbei an jubelnden Zuschauern und jede Menge Live Musik. Die Strecke war hässlich. Der Wind pfiff erbarmungslos. Es war kalt. Ich dachte an meine Mama, die den Marathon im Fernsehen verfolgte und an meine Freundin Iris, die mich mal wieder live trackte und mitfieberte. Und an meine Kollegen, Patienten, Freunde und Trainer, die allesamt die Daumen drückten. Ich wollte sie nicht enttäuschen! Und am wenigsten wollte ich mich selbst enttäuschen!
Die letzten Kilometer waren wirklich zäh! Ununterbrochen ging mir das Motto des Marathons durch den Kopf. „THIS IS YOUR DAY.“ Dieses Motto faszinierte mich! Es bestärkte und ermutigte und es hat mich bis zuletzt für meinen Traum kämpfen lassen. Und als ich schließlich in die Festhalle einlief und endlich diesen wunderbaren roten Teppich unter den Füßen spürte, die Menschenmenge applaudieren hörte und das Ziel vor mir sah, fing ich vor lauter Freude an zu heulen und zu schluchzen und wusste: „Yes! This is MY day!“.
Welch absolut geniales Gefühl! Ein Feuerwerk der Emotionen! Eine Punktlandung! Ich hatte tatsächlich nach 03:30:33 Stunden die Ziellinie erreicht, meine bisherige PB um mehr als 13 Minuten verbessert und mich aus eigener Kraft heraus für den Boston Marathon 2020 qualifiziert. Mein Traum ist wahr geworden!